Am 15.2.2019 hielt der Agrar Ingenieur Mathias Vogt aus Hövelhof beim NGZV Klecken einen Vortrag zum Thema Zusammenstellung von Zuchtstämmen.
Der Vorbereitung auf die Zuchtsaison kommt eine entscheidende Bedeutung zu.
Wurde vor und in der Ausstellungssaison noch üppig und energiereich gefüttert, so soll vor der Zuchtsaison nur noch mäßig und energiereduziert gefüttert werden.
Für eine hinreichende Versorgung der Zuchttiere mit Mineralstoffen und Vitaminen ist zu sorgen. Viele Futtermittelhersteller bieten auch spezielle Zuchtfuttermischungen an.
Kotuntersuchungen sowie eventuelle Wurmkuren sind durchzuführen.
Stämme sollen rechtzeitig und in der erforderlichen Größe zusammengestellt werden, damit sich Strukturen in den Stämmen bilden kann. Besonders, wenn Althennen im Stamm sind, braucht es eine gewisse Zeit, bis diesen den Zuchthahn akzeptieren.
Gerade große Hühner, die früh gebrütet werden müssen, sind im Hinblick auf die Legetätigkeit mit Licht zu stimulieren. Dabei darf nicht vergessen werden, dass Hähne zur Spermaproduktion ebenfalls zeitnah mit Licht versorgt werden müssen. Angebracht ist eine künstliche Tagesverlängerung auf mindestens 14 Stunden, wobei das Licht morgens anzuschalten ist. Eine Tagesverlängerung in den Abendstunden bringt hingegen nicht den gewünschten Effekt.
Ebenfalls sollte daran gedacht werden, Ersatzzuchttiere zur Verfügung zu haben, falls ein Umpaaren in der Zuchtsaison erforderlich werden sollte. Die einzelnen Geflügelarten reagieren sehr unterschiedlich auf das Umpaaren in der Zuchtsaison. Bei Hühnern und Tauben, ist dieses relativ leicht möglich, natürlich müssen Zeitverluste in der Zuchtsaison eingeplant werden. Bei Gänsen hingegen ist es gänzlich unmöglich, kurzfristige Umpaarungen vorzunehmen. Ziergeflügel reagiert auch teilweise sehr empfindlich auf Umpaarungen, die auch immer als Störung empfunden werden.
Ruhe und Gleichmäßigkeit sind ein wesentlicher Faktor, der über Erfolg oder Misserfolg in der Zuchtsaison entscheidet. Gerade Ziergeflügel reagiert auf Veränderungen des Umfelds sehr sensibel. Bei Hühnern kann es zu Legepausen kommen, wenn beispielsweise die Art der Einstreu verändert wird oder Umbauten im Stall vorgenommen werden. Man muss aber auch wissen, dass von Rasse zu Rasse unterschiedlich reagiert wird.
Generell ist es besser mit mehreren kleinen Stämmen zu arbeiten, als mit einem großen Zuchtstamm. Bei zu großen Zuchtstämmen besteht die Gefahr, dass der Hahn nicht alle Hennen tritt. Mehrere kleine Stämme haben zudem den Vorteil, dass mehrere Hähne an der Nachzuchtgewinnung beteiligt sind, die genetische Vielfalt in höherem Maße erhalten bleibt und Defizite besser ausgeglichen werden können (Stichwort Ausgleichszucht).
Besonders bei den Taubenzüchtern ist es fast unerlässlich, die Zuchttiere nach Geschlechtern vor der Zuchtsaison zu trennen. Bei Altpaaren ist eine Umverpaarung in der neuen Zuchtsaison sonst quasi gar nicht möglich.
Die Zuchtställe sollten hell und ausreichend groß sein. Der Stall muss trocken, mit hinreichender Belüftung sein, Feuchtigkeit ist unbedingt zu vermeiden. Ausreichend Nestzellen und hinreichende Sitzmöglichkeiten sind unabdingbar, damit der Stress für die Zuchttiere minimiert wird. Täglicher Auslauf benötigen die Tiere, mit Ausnahme von Wassergeflügel, nicht zwingender Maßen, wenn der Stall auch ausreichend Platz für Tretakte lässt.
Bei der Auswahl, welche Tiere in die Zucht kommen, dient zwar die Bewertung auf der Ausstellung als gewisses Indiz, man sollte sich aber auf jeden Fall davor hüten, die Ausstellungsnote als alleiniges Kriterium für die Auswahl der Zuchttiere anzusehen. Vielmehr ist oberste Priorität die Vitalität. Auch mehrfach hoch bewertete Ausstellungstiere haben in der Zucht nichts verloren, wenn es an der Vitalität mangelt. Tiere mit kleinen Wünschen (keine Ausschlussfehler) mit top Vitalität sind oftmals die deutlich besseren Zuchttiere, als hoch bewertetet, nicht hinreichend vitale Tiere. Neben der Vitalität sind aber die rassetypischen Merkmale unabdingbar. Kleinere Fehler oder Wünsche können mit dem entsprechenden Partner ausgeglichen werden, stimmt aber der Typ nicht, so kann dieses Tier in der Zucht keine Verwendung finden.
Durch Zuchtbuchführung kann man nachvollziehen, wie sich die Vorgängergenerationen in Bezug auf Befruchtungs- und Schlupfrate, Entwicklung und Federwachstum, Legebeginn, Eigröße und andere Vitalitätskennzeichen entwickelt haben.
Beim Einsatz von Alttieren in der Zucht, ist man vor ungeliebten Überraschungen mehr gefreit, als wenn man nur mit Jungtieren züchtet. Eingesetzte Jungtiere sollten auf jeden Fall die Zuchtreife erlangt haben, Junghennen bereits vor dem Sammeln der Bruteier lange genug gelegt haben, so dass die Bruteier auch das Mindestgewicht erreichen. Der Einsatz von Spätjungen ist zu vermeiden.
Vor Beginn der Zucht sollte sich jeder Züchter fragen, was in der Nachfolgegeneration verbessert oder gefestigt werden soll. Generell ist es schwierig, mehrere Merkmale auf einmal verbessern zu wollen. Besser ist es, sich auf ein Merkmal zu konzentrieren, dieses zu verbessern, zu festigen und sich dann einem anderen Merkmal zuzuwenden. Die Sondervereine geben bei vielen Rassen die züchterischen Schwerpunkte vor, trotzdem muss jeder Züchter individuell entscheiden, wo er seinen Schwerpunkt legt.
Notizen über die Elterntiere, den Zuchtverlauf und mögliche Zuchtprobleme sind bei der Gesamtbeurteilung sehr sinnvoll. Verschiedenen Zuchtmethoden, wie Ausgleichspaarung, Inzuchtpaarung oder das Einkreuzen fremder Rassen zur Vitalitätssteigerung (Heterosiseffekt) sind je nachdem, welches Zuchtzielziel erreicht werden soll, vom Züchter individuell anzuwenden.
Volker Niemeyer